Peter Weibel

(*5. März 1944 in Odessa, Ukraine)

Aufgewachsen in Oberösterreich studierte er zunächst für ein Jahr in Paris Französisch, Film und Komparatistik, begann dann 1964 in Wien das Studium der Medizin, bis er zur Mathematik mit Schwerpunkt Logik wechselte.

Peter Weibels Werk lässt sich mehrheitlich in Kategorien der Konzeptkunst, der Performance, des Experimentalfilms, der Videokunst, Computerkunst und allgemein der Medienkunst fassen.

Ausgehend von semiotischen und linguistischen Überlegungen (Austin, Jakobson, Peirce, Wittgenstein u. a.) entwickelt Peter Weibel eine künstlerische Sprache, die ihn ab 1964 von der experimentellen Literatur zur Performance führt. In seinen performativen Aktionen untersucht er nicht nur die „Medien“ Sprache und Körper, sondern auch Film, Video, Tonband und interaktive elektronische Umgebungen. Kritisch analysiert er ihre Funktion für die Konstruktion von Wirklichkeit. Neben Aktionen mit Vertretern der Wiener Gruppe und des Wiener Aktionismus – dem er den Namen gab – (Oswald Wiener, Günter Brus, Otto Muehl, Hermann Nitsch, Rudolf Schwarzkogler), arbeitet er ab 1966 (zusammen mit Valie Export, Ernst Schmidt jr. und Hans Scheugl) an einem „erweiterten Kino“. Es ist durch das amerikanische Expanded Cinema inspiriert und reflektiert die ideologischen und technischen Bedingungen der filmischen Darstellung. Peter Weibel entwickelt diese Überlegungen ab 1969 konsequent in seinen Videobändern sowie -installationen weiter. Mit seinen Fernsehaktionen, den „teleaktionen“, die das Österreichische Fernsehen (ORF) 1972 im Rahmen der Sendung Impulse ausstrahlt, überschreitet er die Grenzen der Galerieraumes und untersucht die Videotechnik in ihrer Anwendung im Massenmedium Fernsehen.

Peter Weibel verfolgt seine künstlerischen Problemstellungen in unterschiedlichsten Materialien, Formen und Techniken: in Texten, Skulpturen, Installationen, Filmen und Videos. So wendet er sich 1978 auch der Musik zu. Er gründet zusammen mit Loys Egg die Band Hotel Morphila Orchester. Mitte der 1980er Jahre erforscht er die Möglichkeiten der computergestützten Bearbeitung von Video. Anfang der 1990er Jahre realisiert er erste interaktive computerbasierte Installationen, mit denen er wiederum das Verhältnis von Medien und Wirklichkeitskonstruktion thematisiert.

In seinen zahlreichen Vorträgen und Artikeln publiziert Weibel über zeitgenössische Kunst, Mediengeschichte, Medientheorie, Film, Videokunst und Philosophie. Als Theoretiker und Kurator setzt er sich für eine Kunst und eine Kunstgeschichtsschreibung ein, die Technikgeschichte und Wissenschaftsgeschichte berücksichtigt. In seiner Funktion als Lehrer an Universitäten und langjähriger Leiter von Institutionen wie der Ars Electronica, Linz, dem Institut für Neue Medien in Frankfurt a. M., und dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe beeinflusst er besonders die europäische Szene der Medienkunst durch Konferenzen, Ausstellungen und Publikationen. Als Kurator und Theoretiker widmet er sich von Anfang an immer auch den klassischen künstlerischen Gattungen – Malerei und Skulptur, zeigt und schreibt über junge KünstlerInnen ebenso wie über vergessene ProtagonistInnen, die er für die Kunstwelt wieder entdeckt.

 

Forschung und Lehre

Peter Weibel lehrt ab 1976 an zahlreichen Hochschulen, unter anderem an der Universität für Angewandte Kunst Wien, dem College of Art and Design in Halifax, Kanada und der Gesamthochschule Kassel. 1984 wird er für fünf Jahre als Associate Professor for Video and Digital Arts an das Department for Media Study der State University of New York in Buffalo, N. Y. berufen, wo er das Digital Arts Laboratory aufbaute. Im gleichen Jahr, 1984 erhält er die Professur für visuelle Mediengestaltung (Vismed) an der Universität für Angewandte Kunst in Wien, die er bis heute innehat. 1989 wird er mit dem Aufbau des „Instituts für Neue Medien“ an der Städelschule in Frankfurt am Main beauftragt, das er bis 1994 als Direktor leitet. Seit Januar 1999 ist er Vorstand des ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe.