3D‐Prototyping in der Kunst. Ein Projekt von Lehrenden an der Abteilung Digitale Kunst/Universität für angewandte Kunst Wien
Wolfgang Fiel, Margarete Jahrmann, Nicolaj Kirisits, Peter Koger, Bernd Kräftner, Martin Kusch, Jan Lauth, Lydia Lindner, Max Moswitzer, Niki Passath, Tommy Schneider, Ruth Schnell, Veronika Schnell, Franz Schubert, Romana Schuler, Roland Schöny, Stefanie Wuschitz. In Kooperation mit: Ashley Holwell, Hans Nevidal, Sophie-Carolin Wagner
Ausstellungsarchitektur: Wolfgang Fiel
Eröffnungssprecher-Innen:
- Univ.-Prof. Mag. art. Ruth Schnell, Leiterin der Abteilung Digitale Kunst an der Universität für angewandte Kunst Wien
- Dr. Margarete Jahrmann, Künstlerin und Medientheoretikerin
- Roland Schöny, Kunsttheoretiker und Autor
Grafik: studioelastik.com
Die Ausstellung „Djinni in a Bottle – Materialisation und Medialität“ erschließt neue Wege im Feld der digitalen Kunst. Mit ihren konzeptuellen Fragestellungen dringen computerbasierte Produktionsformen aktuell in ein Terrain vor, das in der Praxis der bildenden Kunst bis dato kaum genützt wird. In diesem Feld entstehen Erweiterungen algorithmischen Gestaltens und neue Formen kollaborativen Arbeitens.
Ausgangspunkt des Projekts mit 16 Positionen ist die sukzessive künstlerische Aneignung jenes Verfahrens zur Herstellung von Objekten, das bisher vor allem in der Architektur und im Design zur Materialisierung digital erstellter Entwürfe angewendet wird. Der Begriff des „Rapid Prototyping“ bezeichnet den 3-dimensionalen Druck eines digitalen Modells unter Verwendung unterschiedlichster Werkstoffe wie Gips, Kunststoff oder Metall.
Über experimentelle Prozesse eröffnen sich der Medienkunst mit dieser Technologie vollkommen neue Möglichkeiten, ästhetische Vorstellungen 3-dimensional gegenständlich zu realisieren, die bisher lediglich als Animationen für den Computerbildschirm visualisiert werden konnten oder überhaupt nur als Datensätze existierten und immateriell blieben. Es ist eine Kultur der hybriden Artefakte im Entstehen, der sich längst auch „open source communities“ bemächtigt haben, welche im kreativen und partizipativen Umgang mit digitalen Technologien 3D-Prints online austauschen.
Ähnlich wie im Laufe der neueren Kunstgeschichte die kritische Auseinandersetzung mit den Medien Fotografie, Film und Video zu neuen Ausdrucksformen führte, etabliert sich gegenwärtig auf dem Gebiet des 3D-Prototyping eine künstlerische Forschung, die mit den zur Verfügung stehenden technischen Methoden experimentell adäquate formale Strategien entwickelt.
KünstlerInnen und TheoretikerInnen, die an der Abteilung Digitale Kunst an der Universität für ange- wandte Kunst Wien lehren, realisierten im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprojektes Objekte aus dem Bereich der 3D-Print-Technologie. Ziel des Projekts, das auf Initiative der Leiterin der Abteilung, Univ.-Prof. Mag. a Ruth Schnell zustande kam, war eine explorative und experimentelle Annäherung an neue Formate der Objekt-Konzeption aus dem breiten Spektrum elektronischer Diskurse heraus.
Mit ihrem Objekt Hypermemory beispielsweise umschreiben Wolfgang Fiel und Sophie-Carolin Wagner den ambivalenten Prozess der Verfestigung und Transformation von Erinnerungsbildern. Sie versuchen einen komplexen, gewöhnlich nicht sichtbaren, aber mit Vorstellungen verbundenen Vorgang materiell in eine Form zu fassen. Thema ihrer Arbeit ist die Veränderung von Erinnerung durch den jeweils gegenwärtigen Bewusstseinszustand, der sich durch ein jeweils spezifisches topografisches Gepräge manifestiert.
Cybernautic Sail. All About Cyberné – Circular and Causal Feedback Mechanisms von Margarete Jahrmann wiederum thematisiert – Bezug nehmend auf einen Terminus des österreichischen Physikers und Kybernetikers Heinz von Förster – die potenziell endlosen Rückkopplungen zwischen „réel et virtuel“ durch die Abbildung des Realen auf der Ebene von Programmen und Datensätzen. Geografische und meteorologische Daten einer realen Segel-Performance zwischen den beiden „Enden“ der Erde (Finisterre) materialisieren sich als skulpturales Objekt.
Wie ein absurder Rückblick auf die Postmoderne wirkt hingegen das skulpturale Objekt White Noise 2.0 von Max Moswitzer. Als exemplarische Arbeit des Künstlers rekombiniert, koppelt und verknüpft dieses 3D-Objekt ‚found footage‘ Material aus der Kunstgeschichte, aus dem Alltag und möglicherweise auch aus irgendwelchen Datenfragmenten. Es interessiert nicht mehr die Bedeutung, sondern lediglich die aus der Kombination entstandene Form. Als visuelles Statement ist es ein subversiver Kommentar. „Nicht wissen, sondern neu denken!“ postulierte der System‐Theoretiker Heinz von Foerster. Dies kann als Programm und der seit 2003 andauernden Arbeiten in 3D-Printing, Laser Sintering und dem Transfer von Daten-Objekten aus kollaborativen virtuellen Welten Max Moswitzers verstanden werden.
Djinni in a Bottle – Materialiation and Mediality
May 15th – June 30th 2012
3D Prototyping in the Arts. A project of the teaching staff at the Digital Art department/University of Applied Arts Vienna
Wolfgang Fiel, Margarete Jahrmann, Nicolaj Kirisits, Peter Koger, Bernd Kräftner, Martin Kusch, Jan Lauth, Lydia Lindner, Max Moswitzer, Niki Passath, Tommy Schneider, Ruth Schnell, Veronika Schnell, Franz Schubert, Romana Schuler, Roland Schöny, Stefanie Wuschitz. In cooperation with: Ashley Holwell, Hans Nevidal, Sophie-Carolin Wagner.
Exhibition architecture: Wolfgang Fiel
Speaker:
- Ruth Schnell, media artist, professor and head of the Digital Art department at the University of Applied Arts Vienna
- Margarete Jahrmann, media artist and theorist
- Roland Schöny, art theorist and author
Graphic design: studioelastik.com
The exhibition, “Djinni – in a Bottle” expands the field of contemporary art through the posing of new conceptual questions and enters the terrain of computer generated production forms, which to date has been barely explored. The starting‐point for the project with some 16 positions from the surroundings of the Digital Art Department of the University of Applied Arts Vienna is the artistic acquisition of the object creation process, which until now has been used primarily in architecture and design for the materialisation of designs. Under the term “3D prototyping” digital calculations are employed for the realisation of workpieces, models, objects and sculptures as 3D prints, generally in the form of various synthetic materials.
This technology opens up completely new possibilities for the realisation in three‐dimensional, concrete form of aesthetic concepts from the media arts field, which up to today could only be visualized in the form of animation for the computer screen, or merely existed as datasets and therefore remained immaterial.This exhibition constitutes the first occasion upon which artists and theoreticians have combined their differing approaches with such a degree of intensity.
BETEILIGTE/Participants
Wolfgang Fiel (mit Sophie‐Carolin Wagner): studierte Architektur in Wien und London und entwickelt seit 2002 gemeinsam mit Alexandra Berlinger unter dem Namen tat ort kollaborative Projekte in den Bereichen bildende Kunst, Architektur und Urbanismus. www.tat‐ort.net
Sophie‐Carolin Wagner (mit Wolfgang Fiel): studierte Sozioökonomie an der Wirtschaftsuniversität und Digitale Kunst an der Universität für angewandte Kunst in Wien, arbeitet derzeit an ihrer Dissertation zur Epistemologie des Körpergedächtnisses
Margarete Jahrmann: Künstlerin und Theoretikerin an der Schnittstelle von game, arts, performance und arts based research; zahlreiche Ausstellungen wie etwa im Rahmen des Prix Ars Electronica 2003 und 2012, Amaze games culture Berlin, Johannesburg; ISEA Game Fashion performance New Mexico, www.ludic.priv.at/AAA and www.ludic.priv.at
Nicolaj Kirisits: studierte Architektur an der TU Wien und elektroakustische Musik an der Universität für Musik und darstellende Kunst, arbeitet an der Schnittstelle von Raum, Klangperformance und generativem Gestalten. www.nicolajkirisits.at
Peter Koger: Sound Engineer, Visualist, Programmierer, Interaktions‐ und Animationsgestalter bei zahlreichen Kunstprojekten; letzte Arbeiten: Interesse: Toys to Enter the World (Performance mit Otmar Wagner), BodyParcours (Aufführung mediaOpera mit Akos Hargitay und Gammon), Live Visualisierung bei der Eröffnungsfeier des österreichischen Pavillions der Kunstbiennale Venedig 2011.
Bernd Kräftner (mit Ashley Holwell): Künstler und Forscher, realisierte zahlreiche transdisziplinäre Forschungsprojekte an der Schnittstelle von Wissenschaft, Gesellschaft und Kunst, gründete SHARED INC. [Research Centre for Shared Incompetence] lehrt an der Angewandten Kunst, im Bereich Science & Art und Digital Art.
Ashley Holwell (mit Bernd Kräftner): stammt aus Aotearoa/New Zealand und beschäftigt sich mit der Erneuerung von Prozessen der sozialen Interaktion und des technologischen Transfers sowie der Objekt‐Mediation. Er studierte Industriedesign und Bildhauerei. Seine Werke wurden in Aotearoa, den Niederlanden und Österreich gezeigt.
Martin Kusch: studierte Malerei, Kunstgeschichte und Medienkunst in Berlin und Wien. Seit 1999 leitet er gemeinsam mit Marie‐Claude Poulin die Gruppe kondition pluriel, deren Installationen, Performances und interaktive Environments international präsentiert werden. www. konditionpluriel.org
Jan Lauth: Initiator und Mitgründer der mediaOpera.org. in Wien als Spielstätte für Medienkunst, Gründer des Kollektives zur visuellen Musik „pooool“, Ko‐Kurator des Schauraums „V_port“ im MQ‐ Wien. Entwickler der Veranstaltungsreihe Wiener Visualisten „equalEYES“. Inszenierungen und Aufführungen bei Amerling Galerie, Ars Electronica, CynetArt, LifeBall, MAK Wien, paraflows oder sound:frame.
Lydia Lindner: Medienkünstlerin für freie und kommerzielle Projekte; 1998 bis 2001 Artist in Residency am ZKM Karlsruhe; ihre künstlerischen Strategien liegen in der Auswahl und Kombination von Performance, medialer Skulptur, mobile Devices und Fotografie.
Max Moswitzer: arbeitet als Künstler an kollaborativen virtuellen Welten und der Konstruktion spie‐ lerischer Situationen; Ausstellungen u. a. Centre Pompidou 2012, Prix Ars Electronica, Linz 2003. Das dérive und détournement ist seine Methode zur Umwidmung und Veränderung vernetzter Computergames und Kunstsysteme.
Niki Passath: beschäftigt sich mit den Verhältnissen zwischen Mensch, Maschine und der umgeben‐ den Natur; studierte Violoncello, Architektur und Digitale Kunst; Ausstellungsbeteiligungen u. a.: das weisse haus, wien (2011); „Roboterträume“ Kunsthaus Graz (2011), „Menge“ Schauraum Museums‐ quartier, Wien (2010); Exklusiv, Kunstpavillon, Innsbruck (2007), „Hybrid Creatures and Paradox Machines“ Ars Electronica, Linz (2005); „Play Global“ Transmediale 03, Berlin (2003).
Romana Schuler: Studium der Kunstgeschichte, Philosophie und Kunstwissenschaften. Forschungsschwerpunkt: künstlerische Forschung zur apparativen, experimentellen Wahrnehmung und synäs‐ thetische Phänomene in der Digitalen Kunst. www.romana‐schuler.at
Tommy Schneider: Malerei und Filmstudium in Linz und Wien, Stadtwerkstatt Linz 1978 ‐ 85, Ausstel‐ lungen; Präsentationen und Medienprojekte in Afrika, Australien, China, Europa, Naher Osten, Russische Föderation, USA. Arbeitsfelder: Malerei, Video, Film, Kommunikation.
Ruth Schnell: Medienkünstlerin, Leiterin der Abteilung für Digitale Kunst an der Universität für angewandte Kunst Wien. Ausstellungsteilnahmen u.a.: Aperto, Biennale Venedig 1990; Artec, Biennale of Nagoya 1991; Biennale Venedig, Österreichischer Pavillion 1995; Museum Moderner Kunst, Wien 2000; Kunst‐haus Bregenz, 2002; California Science Center, L. A. 2004; Akademie der Künste, Berlin 2004/05; ZKM, Karlsruhe 2008 u. 2010; Biennale Sevilla 2009; Moskau Biennale 2011. www.ruthschnell.org
Veronika Schnell: Studium der Germanistik, Romanistik, Psychologie (Innsbruck und Wien), Film‐ und Textwissenschaft (Paris). Forschungsschwerpunkt: Genderstudies Frauen/Kunst/Technologie. Weitere Arbeitsbereiche: Curricula‐Entwicklung an Kunsthochschulen. Vorsitzende der Studienkommission Mediengestaltung.
Roland Schöny (mit Hans Nevidal): Kulturwissenschaftler, Autor, Kurator für Gegen‐wartskunst, 2004–07 Umsetzung von „Kunst im öffentlichen Raum Wien” (jetzt KÖR), 2002‐ 05 Kurator am OK-Centrum Linz, zahlreiche Ausstellungen, u. a.: „sounds&files – visuelle Aspekte elektronischer Musik“ k‐haus Wien 2000, Publikation in springerin, spike, skug, IDEA, artmagazine.cc.
Hans Nevidal (mit Roland Schöny): Künstler, Architekt und Experimentalgrafiker, der in seiner Arbeit soziale Beziehungen und das weite Feld experimenteller Druckprozesse erforscht; Ausstellungen u. a.: „das druckgrafische werk“ 1977 bis 1998, forum stadtpark Graz 2000 – 2033, Beteiligung: poetische positionen III (mit Andreas Pawlik), Kasseler Kunstverein 2009.
Franz Schubert: reflektiert in seinen Arbeiten Mechanismen medialer Konstruierbarkeit durch Eingriffe in digitale Medien; es sind Versuche zur Synthetisierung von Alltagswahrnehmung und zum Bedeutungstransfer von Wirklichkeitskonstruktionen. Lebt und arbeitet in Wien. www.schbrt.com
Stefanie Wuschitz: Researcher, Lehrende und Künstlerin; studierte an der Universität für angewandte Kunst Wien; 2008 – 2010 Masterprogramm ITP, New York University (USA). Digital Art Fellow des HUMlabs Nordschweden; 2009 Gründung des feministischen Hackerspace Miss Baltazar’s Laboratory als Netzwerk von Künstlerinnen u. Transgenders zum Austausch von Open‐Source‐Erfahrungen.
Kontakt/Infomarionen
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Univ‐Prof. Maga. Ruth Schnell
Universität für angewandte Kunst Wien
Leitung Abteilung Digitale Kunst
Expositur Sterngasse 13, A‐1010 Wien
Sekretariat:
franziska.echtinger@uni‐ak.ac.at
T: +43 1 71133 2640
www.digitalekunst.ac.at
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